Nichts auf dieser Welt wird so missverstanden wie das Evangelium von Jesus Christus. Das mag auf den ersten Blick überraschen. Immerhin konfrontiert seine Botschaft die Menschheit seit mehr als 2000 Jahren. Und die Bibel ist seit mehr als 500 Jahren für die Menschen in ihrer eigenen Sprache zugänglich.
Wir hatten reichlich Zeit. Es sollte überhaupt keine Verwirrung geben. Und doch wird kein Thema so völlig missverstanden wie die Botschaft der Bibel und damit auch die Botschaft von Weihnachten.
Warum? Das Missverständnis ist eine Folge der Sünde und gleichzeitig auch ein Beweis für ebendiese. Die Sünde betrifft unser ganzes Wesen als Menschen. Unsere Handlungen und unsere Gedanken. Unser Herz und unseren Verstand. Die Sünde macht uns blind. Sie macht es uns unmöglich, die Wahrheit zu sehen.
Sie bringt uns sogar dazu, die Wahrheit zu hassen! Wir müssen uns nur daran erinnern, wie sie Jesus behandelten, als er hier in dieser Welt war. Sie hassten Ihn. Und sie töteten Ihn.
Der Mensch ist nicht frei in seinem Denken. Er fängt nicht mit reiner Weste an. Er ist voreingenommen gegen Gott und gegen die Bibel. Er ist unfähig, die Bibel mit offenem Geist zu lesen. Er ist ständig auf der Suche nach Argumenten gegen sie.
Das hat zur Folge, dass die Botschaft vom Kommen des Gottessohnes völlig missverstanden wird.
Was also ist die Bedeutung von Weihnachten? Für manche ist es einfach ein vages Fest des guten Willens und der fröhlichen Stimmung. Es ist eine Zeit der Freundlichkeit. Sie freuen sich über den "weihnachtlichen Geist" als Kontrast zu der dunklen Welt, in der wir leben. Sie zünden ihre Kerzen an und nehmen sich vor, nett zueinander zu sein. Weihnachten kommt und geht jedes Jahr, und sie freuen sich darauf. Aber abgesehen davon denken sie nicht viel darüber nach.
Für andere ist die Botschaft von Weihnachten ernster. Sie sagen, es geht um die Erkenntnis, dass wir Frieden auf Erden benötigen. Für sie ist die Botschaft des Evangeliums der Weltfrieden. Sie setzen ihre Hoffnung auf Politiker und Konferenzen und fordern ein Ende der Kriege, Friedensverträge, Abrüstung und die Aufnahme von Flüchtlingen. Der Weg Jesu ist der Weg des Friedens, sagen sie. Und so fordern sie uns auf, Kriege zu stoppen und stattdessen die Lehren Jesu anzuwenden. Auch Männer und Frauen, die sich Christen nennen, tun das. Andere fordern uns, statt Kriege zu beenden, vielleicht dazu auf, den Planeten zu retten oder für soziale Gerechtigkeit zu sorgen.
Aber ist das wirklich die Botschaft von Weihnachten? Die Botschaft des Evangeliums? Geht es darum, was die Menschen tun und wie schlecht sie ihre Mitmenschen und die Welt behandeln?
Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Aber was ist dann die Botschaft? Um sie zu verstehen, müssen wir uns mit zwei wichtigen Prinzipien auseinandersetzen:
Das Christentum beruht auf historischen Ereignissen
Die zentrale Botschaft des Christentums ist mit den Ereignissen im Zusammenhang mit den Kommen des Herrn Jesus Christus verbunden
Der Apostel Paulus veranschaulicht beide Prinzipien und fasst die Botschaft in diesen Versen perfekt zusammen:
Denn die Gnade Gottes ist erschienen, die heilbringend ist für alle Menschen; sie nimmt uns in Zucht, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen und besonnen und gerecht und gottesfürchtig leben in der jetzigen Weltzeit, indem wir die glückselige Hoffnung erwarten und die Erscheinung der Herrlichkeit des grossen Gottes und unseres Retters Jesus Christus, der sich selbst für uns hingegeben hat, um uns von aller Gesetzlosigkeit zu erlösen und für sich selbst ein Volk zum besonderen Eigentum zu reinigen, das eifrig ist, gute Werke zu tun. (Titus 2:11-14)
Schauen wir uns diesen Abschnitt genauer an.
Das Christentum beruht auf historischen Ereignissen
"Die Gnade Gottes ist erschienen", heisst es da. Das ist eindeutig ein Ereignis. Es ist etwas geschehen. Und doch bestehen die Menschen darauf, so zu tun, als sei es kein Ereignis. Als wäre es nur eine Lehre, eine von vielen Philosophien, die darauf abzielen, die Welt besser zu machen.
Gewiss haben die Ereignisse Auswirkungen. Aber es hat keinen Sinn, zu den Menschen zu gehen, mit ihnen über ihr Verhalten zu sprechen und sie zu warnen, dass es zur Katastrophe führt, wenn sie so weitermachen. Dass sie stattdessen einander lieben sollen, Pflichten über Ansprüche stellen und all die anderen Dinge machen sollen, die gut für sie selbst und für die Gesellschaft insgesamt wären.
Das wäre reine Zeitverschwendung. Warum? Weil das alles schon gemacht wurde. Im Alten Testament hat Gott uns die Zehn Gebote gegeben, ein Moralgesetz für die Menschheit, das Ordnung in das Chaos der menschlichen Gesellschaft bringen sollte. Auch die griechischen Philosophen haben versucht, Ordnung in das Chaos zu bringen. Sie skizzierten ihre Utopien, ihre Regeln und Vorschriften für ein gutes Leben, die Rolle des Staates, die Bedeutung von Bildung, Poesie, Kunst und allem, was dazu gehört.
Schon lange bevor Jesus in diese Welt kam, haben wir den Menschen Vorträge darüber gehalten, wie sie leben sollen. Doch egal, ob diese Vorträge auf Gottes offenbartem Moralgesetz oder auf menschlichem Denken beruhten: Die Ergebnisse waren nichts als Misserfolg und Versagen. Wir müssen uns nur die Menschheitsgeschichte anschauen.
Und doch wollen die Menschen heute das Evangelium von Jesus Christus wieder in genau das verwandeln. In eine weitere Lehre, einen weiteren Aufruf, den Menschen zu sagen, dass sie aufhören sollen zu streiten und stattdessen einander lieben sollen. Als ob es ausreichen würde, die Menschen einfach nur aufzufordern, dies zu tun. Die Geschichte beweist doch, dass alle diese Appelle (auch die von Gott selbst) nichts nützen. Wenn Christus uns lediglich einen Plan gebracht hat, dann sind wir ohne Hoffnung!
Nein, das Evangelium ist kein Plan. Es ist die Verkündigung eines Ereignisses! Unsere einzige Hoffnung für diese Welt ist, dass Gott an ihr interessiert ist. Und dass Er in ihr handelt! Das Christentum ist in erster Linie Geschichte, nicht Philosophie. Es ist keine Idee. Es ist eine Tatsache! Bethlehem, die Krippe, das Kind, Maria und Josef, die Hirten die zur Krippe kommen, sind alle Teil eines historischen Ereignisses. Gott hat etwas getan! Die ganze Bibel handelt davon, was Gott tut!
Wir müssen aufhören, nur auf uns selbst zu schauen, wir müssen uns von unserem Subjektivismus befreien. Wir müssen auf die Tatsachen schauen, darauf, dass "die Gnade Gottes erschienen ist, die heilbringend ist für alle Menschen.” Das ist ein Ereignis. Etwas ist erschienen!
Die zentrale Botschaft des Christentums ist mit den Ereignissen im Zusammenhang mit den Kommen des Herrn Jesus Christus verbunden
In Ihm ist "die Gnade Gottes erschienen, die heilbringend ist für alle Menschen.” Alles, was Gott zur Rettung des Menschengeschlechts tut, zeigt sich in dieser Person, dem Kind von Bethlehem, Jesus von Nazareth!
Es dreht sich alles um Ihn. Du kannst nicht sagen, dass du an Gott glaubst, wenn du nicht an den Herrn Jesus Christus glaubst. Man kann nicht zu Gott beten, wenn man das nicht im Namen des Herrn Jesus Christus tut. Es gibt keine Vergebung, ausser in dem Herrn Jesus Christus. Er allein kann dich von deinen Sünden freisprechen. Es liegt alles an dieser Person.
Wie können Menschen, die sich Christen nennen, statt über die Person über eine Lehre sprechen? Es gibt keine größere Beleidigung für Ihn, als das zu tun!
Nein, wir müssen auf die Person schauen. Wir müssen verstehen, wer er ist, was er getan hat und was er noch tun wird.
Er ist der grosse Gott und Retter
Er ist die zweite Person der Heiligen Trinität – Vater, Sohn und Heiliger Geist. Er ist ewig. Er hatte in Bethlehem nicht Seinen Anfang. Er ist erschienen.
"Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.” So beginnt der Apostel Johannes seinen Bericht über das Evangelium. Nur um ein paar Verse später diese monumentale Aussage hinzuzufügen:
Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns; und wir sahen seine Herrlichkeit. (Johannes 1:14)
Gott ist in seine eigene Schöpfung eingetreten! Das ist das Bedeutsamste und Erstaunlichste, was je in der Geschichte der Menschheit geschehen ist.
Gott hat sein Volk besucht und erlöst. Dadurch hat sich die Gnade Gottes gezeigt. Gnade bedeutet Freundlichkeit, Wohlwollen gegenüber vollkommen unwürdigen Menschen. Er hat Menschen, die nichts anderes als Strafe und Hölle verdient haben, die Erlösung geschenkt.
Das Kind in Bethlehem ist niemand Geringeres als der Schöpfer des gesamten Universums. Und Er kam, um uns ein Geschenk zu bringen – das Geschenk des Friedens zwischen den Menschen und Gott.
Er kam nach Bethlehem, lebte, starb und ist auferstanden
Es gab keine andere Möglichkeit, der Menschheit das Heil zu bringen. Gott konnte keinem von uns die Erlösung anbieten, ohne dies zu tun. Er konnte uns nicht einfach so eine Amnestie gewähren und sagen: "Euch ist vergeben.”
Es gibt heute so viele selbst ernannte Christen, die behaupten: "Gott ist ein Gott der Liebe, er wird mir vergeben, wenn ich ihn darum bitte." Aber das ist nicht das Christentum.
Gott hat das Urteil über die Sünde gesprochen, und er kann sein Wort nicht einfach zurücknehmen. Die Sünde muss bestraft werden. Die Welt ist heute so, wie sie ist, weil wir alle sündigen. Wir alle leben in Gottlosigkeit, wie Paulus in unserem Abschnitt und, vielleicht am deutlichsten, in seinem Brief an die Römer feststellt, wo er schreibt: “Denn alle haben gesündigt und verfehlen die Herrlichkeit, die sie vor Gott haben sollten” (Römer 3:23).
Es gab nur einen Weg, wie die Sünde bestraft und die Menschen mit Gott versöhnt werden konnten. Er musste unsere Natur annehmen, ein sündenfreies Leben führen und dann die Strafe an unserer Stelle tragen! Und genau das hat Jesus Christus getan, als Er unschuldig am Kreuz auf Golgatha starb. Und Gott hat alles bestätigt, indem er Ihn am dritten Tag von den Toten auferweckte.
Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. (Johannes 3:16)
Das ist die Botschaft von Weihnachten. Es ist keine Lehre. Es ist eine historische Tatsache. Was bedeutet das für dich? Ist es das Wichtigste überhaupt? Ist es alles für dich?
Wie kann dich das nicht bewegen? Wie kann es dich nicht zur Umkehr und zur Busse führen?
Er wird wiederkommen, um zu richten
Aber das ist noch nicht das Ende der Geschichte. Er kam einmal. Und er wird wieder kommen. Weihnachten fordert uns nicht nur auf, zurückzublicken, sondern auch nach vorn zu schauen. Nicht nur zu bedenken, was er getan hat. Sondern auch, was er noch tun wird!
In unserem Abschnitt fordert Paulus uns auf, “die glückselige Hoffnung” zu erwarten und “die Erscheinung der Herrlichkeit des grossen Gottes und unseres Retters Jesus Christus.” Das zweite Kommen ist ebenso Teil des Evangeliums wie das erste Kommen.
Doch das zweite Kommen wird ganz anders sein. Dieses Mal wird seine Herrlichkeit nicht verhüllt sein. Er wird "vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht in flammendem Feuer” kommen, “wenn er Vergeltung üben wird an denen, die Gott nicht anerkennen, und an denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorsam sind” (2. Thessalonicher 1:7-8). Er wird nicht als Baby kommen, sondern als der König der Könige und Herr der Herren. Und alle Augen werden Ihn sehen (Offenbarung 1,7).
Aber wozu kommt er zurück? Um den Tagen der Gnade ein Ende zu setzen. Um dem Angebot des Evangeliums mit seiner Begnadigung, Vergebung und Versöhnung ein Ende zu setzen.
Er wird wiederkommen, um zu richten. Jeder Mann, jede Frau und jedes Kind, welche je gelebt haben, werden vor Ihm stehen. Und dann wird Er alle seine Feinde vernichten. Alle, die nicht an Ihn geglaubt haben, die ihn abgelehnt haben, die ihn ignoriert haben. Alle, die sein Angebot der Liebe und Gnade ausgeschlagen haben. 2000 Jahre sind vergangen. Er hat uns Zeit gegeben, damit wir Busse tun und glauben mögen. Alle, die das nicht getan haben, werden für alle Ewigkeit aus seiner Gegenwart verbannt.
Aber er wird auch aus einem anderen Grund kommen: wegen dieser “glückseligen Hoffnung!” Worin besteht sie? Ein neuer Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit herrscht. Die Welt wird nicht mehr sein, wie sie jetzt ist. Die Sünde, das Böse, die Schande und alles, was falsch ist, wird verschwunden sein. Die Welt wird geläutert sein. Und alle, die an Ihn geglaubt haben und Ihm gehören, werden dort mit Ihm sein.
Das ist auch die Botschaft von Weihnachten. So sicher wie er das erste Mal kam, wird er auch das zweite Mal kommen. Aber die törichte, sündige Welt glaubt es nicht.
Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass alle Augen ihn sehen werden. Du wirst Ihn sehen. Du, der nicht an Ihn geglaubt hat. Du, die Ihn abgelehnt hat. Ihr, die ihr gesagt habt, Er sei nur ein Mensch. Ihr alle werdet Ihn sehen. Und sehen, was ihr abgelehnt habt.
Was ist deine Reaktion?
Ich bitte dich eindringlich. Schaue an diesem Weihnachtstag zurück. Um dich vor dem Gericht zu retten, ist Er bereits gekommen. Sieh Ihn an! Schaue auf das kleine Baby und auch darauf, wie Er am Kreuz hängt und für deine Sünden leidet. Glaube an Ihn und übergib Ihm dein Leben!
Und wenn du dann auch nach vorn blickst, so wirst du es nicht mit Angst machen, auch nicht mit Schrecken. Sondern du wirst dich nach Seinem zweiten Kommen sehnen. Er wird deine glückselige Hoffnung sein! Und du wirst deine Ewigkeit mit Ihm verbringen.
Frohe Weihnachten!
(basierend auf einer Predigtreihe von Dr. Martyn Lloyd-Jones, ursprünglich gepredigt im Dezember 1958)