
Obwohl die Beweislage gegen die Evolutionstheorie erdrückend ist (vgl. Der Mensch entstand durch Evolution), versuchen nicht wenige, die Idee dadurch zu retten, dass sie Gott ins Spiel bringen. Der Begriff “theistische Evolution” steht für eine Bandbreite unterschiedlicher Sichtweisen, die versuchen, Evolution und göttliche Schöpfung in Einklang zu bringen. Die Kernidee ist dabei immer dieselbe: Gott könnte für seinen Schöpfungsakt evolutionäre Prozesse benutzt haben. Interessanterweise finden sich sowohl bekennende Christen, als auch Nicht-Christen unter den Verfechtern der theistischen Evolution. Wenn auch aus unterschiedlichen Motiven.
Nicht-Christen versuchen so den aus wissenschaftlicher Sicht unüberwindbaren Hürden aus dem Weg zu gehen. Eine göttliche Figur, eine höhere Macht, kommt plötzlich sehr gelegen, um das Unerklärliche zu erklären. Zum Beispiel, wie aus toter Materie spontan Leben entstehen soll. Oder wie einem Organismus genetische Information hinzugefügt werden soll. In der Regel beziehen sich Nicht-Christen dabei nicht auf ein biblisches Gottesbild, sondern eines, das eher dem “unbewegten Beweger” des Aristoteles entspricht. Der Gott der Bibel darf es nicht sein. Aber einer, der elegant die Probleme der Evolutionstheorie löst, ist willkommen. Etwa, indem er punktuell eingreift, um Unmögliches möglich zu machen, ansonsten aber der Evolution freien Lauf lässt.
Bekennende Christen verfolgen dagegen ein anderes Ziel, wenn sie sich der theistischen Evolution bedienen. Für sie ist es ein Mittel, um von der Welt nicht als wissenschaftsfeindliche Spinner oder Fundamentalisten abgelehnt zu werden. Ihr Motiv ist die Furcht vor den Menschen. Sie trauen sich nicht, die biblische Wahrheit konsequent zu verteidigen. Sie suchen Kompromisse, nicht selten unter dem Vorwand, ihr christliches Zeugnis nicht zu schwächen. Da ist es ganz praktisch, wenn Schöpfung und Evolution nur vermeintlich im Widerspruch zueinander stehen. Der Mensch könnte tatsächlich durch Evolution entstanden sein, sagen sie. Aber es war Gott, der Evolution als Mechanismus gewählt hat. Und derselbe Gott hat den evolutionären Prozess danach so gesteuert, dass das Ergebnis zum Schluss seinem Schöpfungswillen entsprach.
Aber ist theistische Evolution wirklich eine valable Möglichkeit? Nein. Weder für den bekennenden Christen noch für den Nicht-Christen. Warum das so ist, werde ich im Folgenden umreissen.
Sobald jemand Gott ins Spiel bringt, haben wir es mit religiöser Epistemologie zu tun. Epistemologie ist eine Disziplin der Philosophie, die sich damit beschäftigt, wie wir zu Wissen und Erkenntnis kommen. Epistemologie wird darum auch als Erkenntnistheorie bezeichnet.
Wie kommen wir aber zu Wissen und Erkenntnis über Gott? Wer ist er und wie handelt er? Womit begründen wir unsere Aussagen über Gott? Können wir uns dazu auf menschliche Vorstellungskraft und Spekulation stützen? Natürlich nicht!
Wer die Idee der theistischen Evolution ins Spiel bringt, kann nicht einfach behaupten, dass Gott sich physikalischer Prozesse bedient hat. Das ist weder vernünftig noch gut genug. Sonst kann ich im Gegenzug auch einfach behaupten, dass Gott das nicht getan hat. Und müsste genau wie die Befürworter der theistischen Evolution keine weiteren Beweise oder Argumente mehr aufführen.
Nein, wenn wir ernsthaft und seriös über Gott sprechen wollen, dann müssen wir uns schon seiner Offenbarung bedienen. Wir können über Gott nur das sicher wissen, was er uns in seiner Gnade über sich selbst offenbart hat. Alles andere ist menschliche Spekulation. Theologen unterscheiden zwischen allgemeiner und besonderer Offenbarung. Die allgemeine Offenbarung ist die Schöpfung selbst. Sie legt Zeugnis von der Existenz Gottes, seiner Macht und seiner Herrlichkeit ab:
Die Himmel verkünden die Herrlichkeit Gottes, und das Himmelsgewölbe zeigt, dass es das Werk seiner Hände ist. (Psalm 19:2)
Seit der Erschaffung der Welt sind seine Werke ein sichtbarer Hinweis auf ihn, den unsichtbaren Gott, auf seine ewige Macht und sein göttliches Wesen. Die Menschen haben also keine Entschuldigung. (Römer 1:20)
Die Schöpfung selbst lässt keinen Zweifel darüber offen, ob es einen Gott gibt und dass er der Schöpfer des Universums ist. Deshalb kann Paulus im Römerbrief auch sagen, dass kein Mensch eine Entschuldigung haben wird, wenn er einmal vor seinem Schöpfer steht. Der Mensch kann dann nicht sagen: “Grosser Gott, es tut mir leid, ich wusste nicht, dass Du existierst. Hättest Du es mir nur gesagt …”
Wollen wir jedoch, über Gottes Existenz hinaus, genaueres über sein Wesen und sein Werk wissen, beispielsweise, ob er Evolution als Hilfsmitteln für seine Schöpfung benutzt hat, dann müssen wir uns dem Studium der besonderen Offenbarung widmen. Die besondere Offenbarung ist Gottes Wort, so wie er es uns in der Bibel überliefert hat.
Und dort finden wir nicht den geringsten Hinweis auf theistische Evolution. Aber sehr viel, das dagegen spricht.
Schöpfungsbericht spricht gegen theistische Evolution
Zunächst gibt es drei wichtige Gründe im Schöpfungsbericht selbst. Keine ehrliche Auslegung des Schöpfungsberichts in 1. Mose 1–2 ist mit Evolution, und damit mit Millionen von Jahren, vereinbar.
Sechs Tage
Gott hat das Universum in sechs Tagen erschaffen. Und am siebten Tag ruhte Gott. Es gibt absolut keinen Hinweis darauf, dass diese Tage nicht wörtlich zu verstehen sind, wie die Verfechter der theistischen Evolution gerne behaupten. Jeder Tag ist, so wie wir das kennen, klar begrenzt durch einen Morgen und einen Abend.
Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: der erste Tag. (1. Mose 1:5)
Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: der zweite Tag. (1. Mose 1:8)
Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: der dritte Tag. (1. Mose 1:13)
Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: der vierte Tag. (1. Mose 1:19)
Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: der fünfte Tag. (1. Mose 1:23)
Und Gott sah alles, was er gemacht hatte; und siehe, es war sehr gut. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: der sechste Tag. (1. Mose 1:31)
Es gibt keinen Anhaltspunkt im Text, um aus diesen Tagen sehr lange Zeiträume zu machen. Auf diese Idee kommt nur, wer unbedingt sehr lange Zeiträume im Text sehen will. Er legt den Text dann nicht mehr aus (Exegese), sondern interpretiert in ihn hinein (Eisegese). Ähnlich verhält es sich mit den Vertretern der Framework-Hypothese, welche die klare Chronologie der sechs Tage verneinen, damit sie den Schöpfungsbericht symbolisch lesen können. Alles nur, um für Evolution und Millionen von Jahren Platz zu finden. Aber das Wort Gottes ist klar. Der Schöpfungsakt dauerte genau sechs Tage.
Übrigens: wenn wir unseren Kalender und unsere Zeitmessung genauer betrachten, dann fällt uns etwas auf. Die Länge eines Jahres, eines Monats oder eines Tages lassen sich alle aus Beobachtung der Himmelskörper bestimmen. Das haben die Menschen schon relativ bald herausgefunden. Die Dauer einer Woche lässt sich aber nicht am Himmel beobachten. Woher also stammen die sieben Tage unserer Woche (inklusive eines Ruhetages), wenn sie nicht aus dem Muster abgeleitet sind, welches Gott uns in der Schöpfung gegeben hat?
Vollendete Schöpfung
Gott hat nicht Protozellen und einen Prozess geschaffen. Nichts im Text des Schöpfungsberichts lässt diesen Schluss zu. Stattdessen hat Gott fertige Lebewesen und Pflanzen geschaffen. Und zwar alle nach ihrer Art (1. Mose 1:11, 21, 24). Nicht Evolution ist für die “Entstehung der Arten” verantwortlich, wie Darwin behauptete. Sondern Gott.
Ebenso war die Schöpfung nach sechs Tagen vollendet (1. Mose 1:31-2:1). Seither sind viele Arten ausgestorben. Aber es ist keine einzige neu dazugekommen.
Der Mensch ist kein Tier
Nach den Verfechtern der theistischen Evolution müsste der Mensch aus Tieren hervorgegangen sein. Aber auch hier widerspricht der Schöpfungsbericht klar.
Der Mensch ist in einer ganz eigenen Kategorie. Er wurde nicht nach seiner Art wie alle Tiere, sondern als einziges Lebewesen im Bild Gottes erschaffen (1. Mose 1:27). Gott hat dazu auch eine spezielle Methode verwendet. Kein Tier wurde von Gott geformt und keinem Tier hat Gott den Atem des Lebens eingehaucht (1. Mose 2:7). Der Mensch gab den Tieren ihre Namen (1. Mose 2:20a), nicht die Tiere dem Menschen. Und unter den Tieren liess sich keine Gehilfin finden, die dem Menschen entsprach (1. Mose 2:20b). Also schuf Gott die Frau aus der Rippe des Menschen (1. Mose 2:22).
Zwischen Mensch und Tier besteht eine gewaltige Kluft.
Intellektuell hat jeder Mensch das Recht, den Schöpfungsbericht abzulehnen, ihn nicht zu glauben. Aber er hat nicht das Recht zu behaupten, das sei gar nicht, was die Bibel lehrt. Etwa, dass “Tag” nicht “Tag” bedeutet. Dass “nach seiner Art” nicht “nach seiner Art” bedeutet. Oder dass “vollendet” nicht “vollendet” bedeutet.
Christliche Theologie spricht gegen theistische Evolution
Vor allem für den Christen gibt es aber noch weitere, gewichtige Gründe, die Idee der theistischen Evolution abzulehnen.
Da ist zunächst die Tatsache, dass Evolution den Tod voraussetzt. Das Aussterben weniger gut angepasster Arten ist der zentrale Mechanismus, wie Evolution angeblich funktioniert. Wir wissen aber, dass der Tod erst durch Adams Sünde in die Welt kam:
Darum, gleichwie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, und so der Tod zu allen Menschen hingelangt ist, weil sie alle gesündigt haben (Römer 5:12)
Das ist keineswegs ein Nebenkriegsschauplatz oder eine theologische Spitzfindigkeit. Nein. Es ist ein ganz wesentlicher Bestandteil des Fundamentes der Heilsgeschichte und damit des christlichen Glaubens. Der Tod (geistlich und physisch) ist Gottes Strafe für die Sünde. Ohne Sünde, kein Tod. Die Sünde ist aber erst durch Adams Rebellion im Garten Eden in die Welte gekommen (1. Mose 3:6). Das ist der Grund, weshalb wir überhaupt einen Retter benötigen, der uns und mit uns die gesamte Schöpfung von den Konsequenzen der Sünde erlöst.
Dieser Retter wurde bereits in 1. Mose 3:15 von Gott versprochen. Um ihn dreht sich die gesamte Bibel. Das Alte Testament prophezeit ihn und schaut hoffnungsvoll auf ihn nach vorn. Die Evangelien im Neuen Testament präsentieren ihn uns in der Person unseren Herrn Jesus Christus. Und die Briefe im Neuen Testament erklären und sein Wirken und wie wir durch ihn zum ewigen Leben kommen und damit von den Folgen der Sünde befreit werden können. All dies ergibt überhaupt keinen Sinn, wenn der Tod gar nicht die Folge von Adams Sünde war!
Fast identisch verhält es sich für den bekennenden Christen mit dem Wahrheitsgehalt der Bibel. Möchte er an der Idee der theistischen Evolution festhalten, muss er den Schöpfungsbericht in 1. Mose 1–2 ablehnen. Die Bibel sagt also mindestens in diesen beiden Kapiteln nicht die Wahrheit.
Aber ab wann sagt uns dann die Bibel die Wahrheit? Ab Kapitel 3? Oder sind auch die Flutkatastrophe (1. Mose 6–8) und der Turmbau zu Babel (1. Mose 11) nicht genehm? Wollen wir die Bibel erst ab Kapitel 12 als wahr betrachten? Oder noch später? Oder überhaupt nur einzelne Teile davon? Nach welchen Kriterien?
Nein, die Bibel ist entweder als ganzes wahr, wie sie es auch sein muss, wenn sie Gottes Wort ist (2. Timotheus 3:16-17, 2. Petrus 1:21). Oder sie ist es nicht. Wir können nicht einfach nach unserem eigenen Gutdünken auswählen. Wenn Gott nicht der Schöpfer war, woher nehmen wir dann die Gewissheit, dass er unser Retter sein wird? Eben.
Wir sehen also, dass theistische Evolution keine valable Möglichkeit ist. Weder für bekennende Christen noch für Nicht-Christen. Der Schöpfungsbericht selbst spricht klar dagegen. Und der christliche Glaube als Ganzes bietet keinen Raum dafür. Ich kann nicht Christ sein, und gleichzeitig an Evolution festhalten – egal ob theistisch oder nicht. Auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen.
Natürlich habe ich im Rahmen dieses kurzen Artikels nur an der Oberfläche gekratzt. Wer sich tiefer mit der Thematik beschäftigen möchte, dem empfehle ich die folgenden beiden Bücher: Evolution – die grosse Täuschung (Ken Ham) und In the Beginning – Listening to Genesis 1 and 2 (Cornelis van Dam, nur auf Englisch erhältlich).