
Als Höhepunkt der Schöpfung schuf Gott den Menschen.
Und Gott schuf den Menschen in seinem Bild, im Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie. (1. Mose 1:27)
Gott schuf den Menschen in zwei Geschlechtern. Und er schuf sie beide in seinem Bild. Das bedeutet, dass der Mensch auf gewisse Art und Weise Gott ähnlich ist. So ist er zum Beispiel mit einem Willen und mit Vernunft ausgestattet. Der Mensch hat auch die Fähigkeit zu kommunizieren, zu lieben oder sich kreativ zu betätigen. All dies sind Facetten davon, was es bedeutet, nach dem Bild Gottes geschaffen zu sein. Es bedeutet auch, dass der Mensch Gott auf der Erde repräsentiert. Der Mensch selbst ist aber nicht Gott, sondern er ist als Geschöpf an Gottes Schöpfungsordnung gebunden.
Und Gott segnete sie; und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan; und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel des Himmels und über alles Lebendige, das sich regt auf der Erde! (1. Mose 1:28)
Als Geschöpf Gottes ist der Mensch dazu aufgerufen, Gott zu ehren und ihm gehorsam zu sein. Als sein Repräsentant auf Erden hat der Mensch von Gott einen Auftrag erhalten. Er soll sich vermehren, die Erde füllen und sie in Gottes Auftrag regieren. Der Mensch steht also in drei verschiedenen Beziehungen: zu Gott, zu anderen Menschen, und zur Schöpfung.
Weil Gott heilig, allmächtig und gut ist, war seine Schöpfung perfekt.
Und Gott sah alles, was er gemacht hatte; und siehe, es war sehr gut. (1. Mose 1:31)
Gottes Schöpfung, inklusive des Menschen, war also sehr gut. Aber dann ist etwas passiert. Der Mensch war ungehorsam und versagte in der Erfüllung seines Auftrags. Er hielt sich nicht an die einzige Rahmenbedingung, die Gott ihm gegeben hatte:
Und Gott der HERR gebot dem Menschen und sprach: Von jedem Baum des Gartens darfst du nach Belieben essen; aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon isst, musst du gewisslich sterben! (1. Mose 2:16-17)
Statt auf Gott zu hören und ihm zu vertrauen, hat der Mensch die Lüge der Schlange geglaubt. Diese hatte dem Menschen versichert, dass er nicht sterben werde. Denn der wahre Grund, warum er nicht vom Baum der Erkenntnis essen solle, sei, dass die Menschen dann wie Gott werden würden. Und natürlich wolle das dieser egoistische Gott nicht (1. Mose 3:1-6).
Weil der Mensch das glaubte, hat er gegen Gott rebelliert und vom Baum gegessen. Natürlich hatte dies exakt die schrecklichen Konsequenzen, vor denen Gott die Menschen zuvor gewarnt hatte. Er wurde nicht wie Gott, wie es die Schlange versprochen hatte, sondern er starb – geistlich und physisch.
Zunächst starb der Mensch geistlich. Das bedeutet, dass der Mensch geistlich von Gott getrennt ist und keinerlei Gemeinschaft mehr mit ihm hat. Das passierte sofort. Gleichzeitig setzte auch der Prozess des physischen Sterbens ein. Seither altern die Körper der Menschen, sodass sie alle eines Tages auch den physischen Tod erleiden.
Alle drei Beziehungen, in denen der Mensch steht, litten dadurch grossen Schaden. Der Mensch ist immer noch im Bild Gottes geschaffen, aber dieses Bild ist nun stark beschädigt und von der Sünde entstellt.
Theologen sagen dazu, dass der Mensch in seinem Wesen völlig verderbt ist. Und es gibt nichts, was er tun kann, um sich selbst aus dieser misslichen Lage zu befreien. Um diese beiden Punkte verstehen zu können, müssen wir zunächst deren Ursache, also die Sünde, in ihrem Wesen verstehen.
Wesen der Sünde
Die Sünde muss von Gott her betrachtet werden. Als Geschöpf ist der Mensch seinem Schöpfer gegenüber zu Loyalität und Gehorsam verpflichtet. Insbesondere soll der Mensch so leben, wie es dem Willen Gottes und seiner Schöpfungsordnung entspricht. Dieser Wille hat übrigens nicht zum Ziel, den Menschen zu unterdrücken, wie das die Schlange im Garten Eden suggeriert hat (1. Mose 3:4-5). Gott ist kein Tyrann. Das Gegenteil ist der Fall. Als Schöpfer versteht Gott wie niemand sonst, was gut für seine Geschöpfe ist. Sein Wille für unser Leben ist Ausdruck von Liebe und Fürsorge. Gott will, dass es uns Menschen gut geht.
Die Sünde aber verleitet den Menschen dazu, die Stelle Gottes einnehmen zu wollen, sich als autonom zu betrachten. Statt “dein Wille geschehe” sagt der Sünder, “mein Wille geschehe.” Diese Arroganz, diese Anmassung ist der Kern der Sünde. Sünde kann kurz und knapp wie folgt definiert werden:
Sünde ist der Mangel an Übereinstimmung mit Gottes Willen in Haltung, Denken oder Handeln, aktiv oder passiv. Das Herz aller Sünde ist Autonomie, das Ersetzen Gottes durch das eigene Ich. Stets eng verbunden mit der Sünde sind ihre Produkte – Stolz, Selbstsucht, Götzendienst und das Fehlen von Frieden. (John MacArthur & Richard Mayhue: Biblische Lehre, S. 601, EBTC, 2020)
Die Bibel umfasst 66 Bücher und 1189 Kapitel. In nur 4 Kapiteln kommt die Sünde nicht vor. Es sind die ersten beiden (1. Mose 1-2) und die letzten beiden (Offenbarung 21-22). Ganz zu Beginn gab es keine Sünde. Wie wir schon gesehen haben, betrachtete Gott sein Werk nach dem Schöpfungsakt und sah, “dass es sehr gut war” (1. Mose 1:31). Schon im dritten Kapitel aber kommt durch Adams Ungehorsam die Sünde in die Welt (vgl. oben). Von da an ist die Bibel voll von Schilderungen der abscheulichen Taten der Menschen, die allesamt der Sünde geschuldet sind: Mord, Vergewaltigung, Prostitution, Götzenanbetung, Kindesopfer, Ehebruch, Krieg, Ausbeutung, Betrug, Diebstahl, Homosexualität, Lüge, Korruption, Tyrannei. Die Liste nimmt kein Ende. Das dauert so lange an, bis Gott (nicht der Mensch!) in den letzten beiden Kapiteln, die für uns noch in der Zukunft liegen, mit dem Neuen Himmel und der Neuen Erde den ursprünglichen Zustand wieder herstellt. Dann wird auch die Sünde für immer besiegt sein.
Auswirkung der Sünde
Mit diesem Verständnis der Sünde können wir nun auch ihre Auswirkungen auf die drei Beziehungen, in denen der Mensch steht, beschreiben.
Beziehung zu Gott
Die Beziehung der Menschen zu Gott wurde zerstört. Als Adam und Eva sündigten, starben sie geistlich. Also Folge davon werden seither alle Menschen geistlich tot geboren. Das bedeutet, dass der Mensch von Natur aus geistlich von Gott entfremdet ist, dass er unempfänglich für geistliche Wahrheit ist. Paulus sagt dazu, dass der Mensch in Feindschaft gegen Gott lebt und sich Gottes Gesetz nicht unterwirft (Römer 8:7). Der Mensch ist tot in seinen Übertretungen und Sünden (Epheser 2:1).
Die Sünde bringt ausserdem den Zorn Gottes über den Menschen. Sünde ist Ungehorsam, und dieser ruft Gottes gerechten Zorn hervor (Epheser 5:6). Und weil Gott heilig und gerecht ist, muss Gott die Sünde auch bestrafen. Jesus sagt über die Gottlosen, “sie werden in die ewige Strafe hingehen” (Matthäus 25:46).
Wie schon erwähnt, gibt es nichts, was der Mensch tun kann, um sich selbst aus dieser Situation zu befreien. Was sollte ein Toter schon tun können? Einzig durch das göttliche Wunder der Wiedergeburt kann Gott den geistlichen Tod überwinden und aus Sündern neue Menschen machen. Er schenkt ihnen Leben durch die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes (2. Korinther 4:6). Es gibt also, trotz allem, Hoffnung für uns Menschen. Dazu mehr im letzten Kapitel.
Beziehung zu Menschen
Weiter zerbrach die Sünde auch alle menschlichen Beziehungen. Sogar die Fortpflanzung wird schwierig. Gott sagte, dass die Mühsal der Schwangerschaft und die Schmerzen der Geburt für die Frau stark zunehmen werden (1. Mose 3:16a). Auch wird es Spannungen zwischen Mann und Frau in der Ehegemeinschaft geben. Kämpfe und Konflikte werden die Ehe prägen (1. Mose 3:16b), die doch eigentlich die vertrauteste Liebesbeziehung zwischen zwei Menschen sein sollte.
Schliesslich wird auch zwischen Menschen allgemein Konflikt herrschen. Schon in 1. Mose 4:8 erschlägt Kain aus Neid seinen Bruder Abel. Und wenige Verse später tötet Lamech einen Mann, weil dieser ihn zuvor geschlagen hatte (1. Mose 4:23) – und er prahlt auch noch damit. Die Geschichte der Menschheit ist entsprechend geprägt von Neid, Hass, Betrug, Mord und Krieg.
Beziehung zur Schöpfung
Der Mensch hat immer noch den Auftrag, die Erde zu beherrschen und sie sich untertan zu machen. Aber die Erde arbeitet jetzt gegen den Menschen. Gott sprach zu Adam: “So sei der Erdboden verflucht um deinetwillen! Mit Mühe sollst du dich davon nähren dein Leben lang” (1. Mose 3:17). Arbeit war schon immer Teil von Gottes Plan, aber nun wird sie durch “Dornen und Disteln” (1. Mose 3:18) zur Mühsal. Und: “Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zurückkehrst zum Erdboden; denn von ihm bist du genommen. Denn du bist Staub, und zum Staub wirst du wieder zurückkehren” (1. Mose 3:19). Adam und seine Nachkommen werden leiden. Und ihre Körper werden sterben.
Zusammenfassung
Gott hat den Menschen in seinem Bild geschaffen. Aber der Mensch hat gegen Gott rebelliert. Durch seine Sünde wurde dieses Bild beschädigt und entstellt.
Die Bibel lehrt, was die Theologen die “völlige Verderbtheit” des Menschen nennen. Das bedeutet nicht, dass Menschen stets so böse wie möglich handeln. Es bedeutet aber, dass die Sünde völlig durchdringend ist und alle Teile eines Menschen – Leib und Seele – von der Sünde verunreinigt sind.
Körperlich bedeutet dies, dass der Leib zerfällt und unweigerlich auf den physischen Tod zugeht, denn “der Lohn der Sünde ist der Tod” (Römer 6:23). Vor dem physischen Tod ist der Körper Werkzeug für böse Taten, die ihren Ursprung darin haben, dass auch alles Denken, der ganze Verstand, alle Wünsche und Affekte des Menschen (der geistige Teil) von der Sünde durchdrungen sind. Der Prophet Jeremia sagt dazu: “Arglistig ist das Herz, mehr als alles, und verdorben ist es; wer mag es kennen?” (Jeremia 17:9). Und auch Jesus Christus lehrt, dass aus dem Herzen heraus die bösen Taten entstehen (Markus 7:21-23).
Deshalb ist der Mensch auch unfähig und unwillig, aus sich selbst heraus Gott zu gefallen und ihn zu verherrlichen. Im Gegenteil, der Mensch in Feindschaft zu Gott (Römer 8:7-8).
Schliesslich ist es wichtig zu verstehen, dass dieser Zustand der Menschen universeller Natur ist. Alle Menschen sind Sünder. Der Apostel Paulus lässt keinen Zweifel aufkommen, wenn er schreibt: “Es ist keiner gerecht, auch nicht einer; es ist keiner, der verständig ist, der nach Gott fragt. Sie sind alle abgewichen, sie taugen alle zusammen nichts; da ist keiner, der Gutes tut, da ist auch nicht einer!” (Römer 3:10-12).
Der Mensch in seinem natürlichen Zustand lebt deshalb entfremdet von und in Feindschaft zu Gott. Er hasst Gott und kann geistliche Wahrheiten weder verstehen noch annehmen. Auch zwischen den Menschen, in der Ehe wie in der Gesellschaft, herrschen deshalb Streit, Neid, Hass, Betrug, Mord und Krieg. Ebenso arbeitet die Schöpfung nun gegen den Menschen, und so ist sein Leben von Mühsal und vom unausweichlichen Tod geprägt.
Der Mensch ist nicht grundsätzlich gut und macht gelegentlich einfach Fehler. Nein, der Mensch ist nicht einmal neutral – weder moralisch noch geistlich. Der Mensch ist von Natur aus ein Sünder, der auf Gottes Gnade angewiesen ist.