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Christentum oder Liberalismus?

Autorenbild: Raymond HofmannRaymond Hofmann

Zu Beginn dieser Serie habe ich die biblische Wahrheit zu ganz elementaren Bausteinen des Christentums beleuchtet: unsere Verantwortung im Umgang mit der Heiligen Schrift, die Aufgaben der Kirche, die Aufgabe des Predigers, und natürlich den Kern des Evangeliums. Ich habe dabei auch Kritik geübt und bemängelt, dass sich die Kirche mehr und mehr von diesen elementaren biblischen Wahrheiten entfernt. In späteren Artikeln der Serie haben wir anhand von konkreten Beispielen wie Covid oder der menschlichen Sexualität gesehen, wohin dieses Abweichen von biblischen Wahrheiten führt. Die allermeisten Kirchen sind kaum mehr als solche zu erkennen, besonders nicht unsere reformierte Landeskirche.


Wir könnten die Serie fast beliebig fortsetzen und anhand weiterer Themen zeigen, wohin es führt, wenn sich die Kirchen lieber dem “Mainstream” anpassen, anstatt dem Wort Gottes treu zu sein: Klima, soziale Gerechtigkeit, Migration – in all diesen Themen versündigt sich die Kirche schwer, indem sie nicht am Wort ihres Herrn Jesus Christus festhält.


In künftigen Artikeln auf dieser Plattform werde ich sicher zu einigen dieser Themen aus biblischer Sicht Stellung nehmen. Gerade das Thema “Klima” liegt mir sehr am Herzen. Es betrübt mich zutiefst mit anzusehen, wie die Menschen dermassen in Angst und Schrecken versetzt werden, dass sie den Mächtigen mehr oder weniger freiwillig alles opfern, worauf ihr Wohlstand und ihre Freiheit bisher gebaut war. Und die Kirche? Sie macht eifrig mit und verkauft “Klimaschutz” als Umsetzung des biblischen Auftrags, denn Gott schon Adam gegeben hatte, nämlich den Garten “zu bebauen und zu bewahren” (1. Mose 2:15). Sie blendet dabei aus, dass der Mensch sich auch mehren und die Erde füllen soll, dass er sie sich zum Untertan machen und über das Tierreich herrschen soll (1. Mose 1:28). Nicht der Mensch ist Untertan der Schöpfung, sondern umgekehrt. Und nicht der Mensch kontrolliert das Klima, sondern Gott. Gerade die Kirche müsste es besser wissen. Gott hat uns in seinem Buch doch gesagt, wie alles endet. Zerstört dabei der Mensch die Erde und Gott schaut hilflos zu? Nein. Hat Gott hingegen versprochen, die Erde und ihre natürliche Ordnung (inklusive Klima mit Jahreszeiten, Temperaturen, Ernte) bis zum Ende aufrechtzuerhalten, so wie er das schon immer gemacht hat (1. Mose 8:22)? Ja! Gerade die Kirche könnte einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, den Menschen ihre Angst zu nehmen, ihnen Hoffnung zu geben und sich nicht freiwillig in die Knechtschaft der Mächtigen zu begeben. Aber ich weiche vom Thema ab.


Tatsache ist, dass die Kirche weltlich geworden ist. Im Versuch, von der Welt geliebt und als relevant angesehen zu werden, hat sie Gottes Wort (welches von der Welt gehasst wird) weitgehend über Bord geworfen. Und ist so wie die Welt geworden. Aber wenn die Kirche sich nicht mehr von der Welt unterscheidet, dann hat sie der Welt auch nichts mehr anzubieten. Licht, welches sich der Dunkelheit anpasst, ist nutzlos. Salz, welches seine Salzigkeit verliert, kann man nicht gebrauchen – nur noch wegwerfen (Matthäus 5:13-16).


Dabei sind wir doch angehalten, uns in Acht zu nehmen vor denen, “die euch mit einer leeren, trügerischen Philosophie einfangen wollen, mit Anschauungen rein menschlichen Ursprungs, bei denen sich alles um die Prinzipien dreht, die in dieser Welt herrschen, und nicht um Christus” (Kolosser 2:8). Wir sollen uns nicht der Welt anpassen, sondern uns (mithilfe von Gottes Wort und dem Heiligen Geist) in unserem Wesen verändern, “durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist” (Römer 12:2).


Aber sind die Defizite der heutigen Kirchen, allen voran die Abkehr von Gottes Wort, die Untreue gegenüber unserem Herrn Jesus Christus, und das Hervorbringen falscher Lehren ein neues Phänomen? Natürlich nicht. Die Kirche hatte von Beginn weg damit zu kämpfen – und deswegen hat Gott sie im Verlaufe der Geschichte auch immer wieder seinem Gericht unterzogen. Er hat sie zurechtweisen, erziehen und säubern müssen.


Sieben Gemeinden

In Buch der Offenbarung schreibt Jesus Christus sieben Briefe an sieben Gemeinden in Kleinasien (Offenbarung 2-3). Es sind zu dieser Zeit real existierende Gemeinden, jeder einzelne Brief trifft deren historischen und kulturellen Kontext perfekt. Die Gemeinden dienen aber auch als Muster für den Charakter von Gemeinden über das ganze Kirchenzeitalter hinweg.


Von den sieben Gemeinden werden fünf zurechtgewiesen und mit unterschiedlich scharfen Warnungen konfrontiert. Nur zwei werden gelobt für ihre Treue und Standhaftigkeit. Es hat in der Kirchengeschichte also nicht lange gedauert, bis eine Mehrheit der Gemeinden Zurechtweisung nötig hatte (das Buch der Offenbarung wurde Ende des 1. Jahrhunderts geschrieben). Jesus zeigt in diesen Briefen eindrücklich, dass er jede Gemeinde aktiv beobachtet und die fehlbaren Gemeinden zur Umkehr aufruft. Und dass er Gericht halten wird, wenn sie es nicht tun.


Es folgt in aller Kürze eine Übersicht über die sieben Briefe. Welchen davon würde wohl deine Gemeinde heute erhalten?


Gemeine in Ephesus

Jesus lobt zunächst deren Treue zur Schrift und der korrekten Lehre des Evangeliums. Aber er kritisiert scharf, dass sie kalt und lieblos geworden ist. Dass sie ihn selbst nicht mehr wirklich liebt, und als Konsequenz davon, auch unter den Brüdern und Schwestern der Gemeinde kaum Liebe zum Ausdruck kommt. Die Warnung ist so scharf wir klar: wenn ihr nicht umkehrt, dann wird es bald keine Gemeinde in Ephesus mehr geben. Jesus persönlich wird dafür sorgen.


Gemeinde in Smyrna

Die Gemeinde leidet unter starker Verfolgung. Trotzdem bleibt sie treu und standhaft. Jesus findet keine Fehler, sondern hat nur Lob für die Gemeinde übrig. Er sagt, dass die Verfolgung sogar noch schlimmer werden wird, macht der Gemeinde aber Mut und verspricht fürstliche Belohnung (“Krone des Lebens”) für diejenigen, die durchhalten.


Gemeinde in Pergamon

Ähnlich wie in Smyrna, steht auch die Gemeine in Pergamon unter gehörigem Druck von Kultur und Gesellschaft. Jesus lobt die Gemeinde dafür, dass sie den Glauben an ihn trotzdem nicht leugnet. Er kritisiert sie aber scharf dafür, dass sie in ihrer Mitte Anhänger falscher Lehren duldet, welche den Glauben korrumpieren und die Gemeinde so zu Fall bringen wollen. Jesus ruft die Gemeinde zur Umkehr auf und droht andernfalls selbst mit dem Schwert Krieg gegen sie zu führen!


Gemeinde in Thyatira

Auch dieser Gemeinde erteilt Jesus zunächst viel Lob. Er wirft ihr aber vor, zu dulden, dass “die Frau Isebel, die sich eine Prophetin nennt”, die Gemeinde lehrt und zur Unzucht verführt. Diese Frau ist offenbar nicht willens, Busse zu tun. Jesus kündigt deshalb an, sie zu richten. Er droht darüber hinaus, die Gemeinde gleich mitzurichten, wenn sie nicht umkehrt. Unser Herr Jesus Christus möchte eine reine Kirche und verlangt von ihr deshalb Kirchenzucht. Ist die Kirche nicht gewillt, dies zu befolgen, muss sie mit Gericht rechnen.


Gemeinde in Sardes

Die Gemeine in Sardes ist tot. Sie hält sich zwar für lebendig, in Tat und Wahrheit gibt es in ihr aber kein Leben, keine Liebe, keine Freude, kein Wachstum, keine Frucht. Die Gemeinde muss aufwachen, sonst hat sie keinen Nutzen und wird verschwinden. Gleichzeitig beruhigt Jesus die wenigen wahren Gläubigen, die es in Sardes noch gibt: sie gehören zu ihm und werden mit ihm die Ewigkeit verbringen.


Gemeinde in Philadelphia

Wie über die Gemeinde von Smyrna, findet Jesus auch über die Gemeinde in Philadelphia kein schlechtes Wort! Sie ist zwar klein, aber sie ist treu und standhaft. Und sie versucht, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu missionieren. Sie scheut sich nicht, die sie umgebende heidnische Welt in ihrem Unglauben zu konfrontieren. Jesus verspricht, die Gemeinde nicht nur zu bewahren, sondern ihre Missionstätigkeit zu segnen und fruchtbar sein zu lassen. Die Gemeinde wird wachsen. Sie ist ein Leuchtfeuer für Gottes Wahrheit inmitten der Ungläubigen.


Gemeinde in Laodizea

Laodizea ist eine Kirche, die vom Glauben abgefallen ist. Sie hält zwar viel von sich selbst und spricht über Jesus. Sie zeigt aber keinerlei Evidenz, dass sie auch wirklich zu ihm gehört. Es ist eine heuchlerische Gemeinde, die “Kirche” spielt, aber keine Kirche ist. Egal, was sie von sich behauptet. Deshalb wird Jesus sie “aus dem Mund” ausspucken!


Und heute?

Die sieben Typen von Gemeinden (oder Kombinationen davon) können wir auch heute noch beobachten. Leider mehr Laodizea, Sardes, Thyatira, Pergamon und Ephesus, als Smyrna und Philadelphia.


Ich würde sogar so weit gehen, dass wir es in der Masse vorwiegend mit Laodizea, Sardes, und Pergamon zu tun haben. Was wegen der rebellischen Natur des Menschen schon im ersten Jahrhundert zu beobachten war, hat sich gerade im Westen, zusätzlich befeuert vom Geist der Aufklärung und des Humanismus, mehrheitlich durchgesetzt. Wo Kirche draufsteht, ist oft nicht viel Kirche drin.


Was heute als Christentum verkauft wird, ist im Kern eine gänzlich andere Religion. Wenn auch eine, die sich der christlichen Terminologie bedient.


Die These stammt nicht von mir und ist auch nicht neu. Vor genau 100 Jahren, im Jahr 1923, hat J. Gresham Machen sein Buch “Christianity and Liberalism” veröffentlicht. Er zeigt darin, wie die Modernisten unpopuläre Lehren der Bibel beiseite wischen und das Christentum einfach als “life style” verstehen wollen. Der religiöse Liberalismus sieht das Problem in nicht mehr zeitgemässen biblischen Lehren. Machen’s Diagnose lautet hingegen: nicht die biblischen Lehren sind das Problem – sondern der Unglaube. Er entlarvt den Liberalismus als falsche Religion und erinnert die Kirche daran, dass Gott ihr die Wahrheit anvertraut hat. Die Wahrheit, welche die Welt am meisten nötig hat.


Ich habe Machen’s Buch in den Sommerferien gelesen. Aus heutiger Sicht wirkt es schon beinahe prophetisch und hat an Aktualität auch nach 100 Jahren nichts eingebüsst. Ich werde an anderer Stelle eine detailliertere Analyse des Buches präsentieren. Im Folgenden genügt für unsere Zwecke eine kurze Zusammenfassung von Machen’s wichtigsten Beobachtungen.


Eine gänzlich andere Religion

Machen’s zentrale These ist es, dass der von den Modernisten propagierte Liberalismus nicht eine legitime, moderne Form des Christentums ist, sondern dass Christentum und Liberalismus zwei völlig verschiedene Religionen sind. Ihre zentralen Lehren widersprechen sich diametral. Machen zeigt das anhand der unterschiedlichen Lehren zu den fünf Kernthemen Gott und Mensch, Bibel, Christus, Erlösung/Rettung, Kirche.


Gott und Mensch

Im Christentum ist Gott der Schöpfer. Er ist heilig, allmächtig, ewig, unveränderlich. Wir machen eine scharfe Trennung zwischen Gott und seiner Schöpfung. Gott ist der Vater derjenigen, die glauben. Und der Richter derjenigen, die nicht glauben.


Das Gottesbild im Liberalismus dagegen grenzt an Pantheismus. Die scharfe Trennung zwischen Schöpfer und Schöpfung wird aufgeweicht. Gott wird als “Weltprozess” gesehen, an welchem wir Menschen selbst teilhaben. Gott ist nicht eine Person, die vollständig anders ist als wir Menschen. Wir und unser Leben sind ein Teil von ihm. Die Inkarnation wird gerne als Symbol dafür verstanden, dass der Mensch zur Höchstform aufläuft, wenn er “eins mit Gott” ist. Gott ist der Vater aller Menschen. Und der Richter keines Menschen.


Im Christentum ist der Mensch ein Sünder, der unter dem Gericht Gottes steht. Er kann selbst nichts an seiner Situation ändern und benötigt deshalb einen Retter. Das höchste Ziel des Menschen ist seine Versöhnung mit Gott.


Der Liberalismus vertraut dagegen uneingeschränkt auf das Gute im Menschen. Der Mensch ist kein Sünder, genau genommen gibt es gar keine Sünde. Das Böse in der Welt kann durch das Gute im Menschen überwunden werden. Es ist keine Hilfe von Aussen (Gott) nötig. Das höchste Ziel des Menschen ist die Entwicklung seiner menschlichen Fähigkeiten, d. h. seine Selbstverwirklichung. Ganz so, wie es das schon bei den Griechen und in anderen heidnischen Religionen der Fall war.


Die Bibel

Im Christentum ist die Bibel Gottes Offenbarung an uns Menschen. Weil die Bibel Gottes Wort ist, ist sie fehlerfrei und enthält ewige Wahrheiten. Sie lehrt uns alles, was der Mensch zum Leben und zu seiner Erlösung benötigt. Die Bibel ist die höchste Autorität in Glaubensfragen.


Demgegenüber ist die Bibel im Liberalismus nicht einzigartig. Es ist eine Sammlung alter Texte, in denen nicht alles wahr und aus heutiger Sicht auch nicht alles relevant ist. Damit die Bibel für uns nützlich ist, ist ein Auswahlprozess nötig. Alles, was dem Individuum hilft (nach dessen eigenen Standards) ist gut und richtig. Der Auswahlprozess basiert somit auf rein menschlicher Erfahrung, welche damit selbst zur höchsten Autorität in Glaubensfragen wird.


Christus

Im Christentum ist Jesus Christus das Objekt unseres Glaubens. Wir glauben an ihn und an sein Werk der Erlösung für uns Menschen. Er ist Gott. Er ist der Retter, dem wir vertrauen. Er ist eine übernatürliche Person, der Wunder getan und von sicher selbst gesagt hat, dass er Gott ist und persönlich über die Erde Gericht halten wird. Jesus bietet uns Erlösung und Rettung an.


Im Liberalismus ist Jesus nicht Objekt des Glaubens, sondern lediglich ein Vorbild für den Glauben. Er hat ein vorbildliches Leben gelebt, und hat uns als Lehrer viele gute Ratschläge hinterlassen. Er war aber keine übernatürliche Person, sondern ein Mensch wie wir. Er hat keine Wunder getan, ist nicht von den Toten auferstanden, und wird auch niemanden richten. Er bietet uns Orientierungshilfe an.


Erlösung und Rettung

Im Christentum ist Jesus unser Erlöser und Retter durch das, was er getan hat. Er hat selbst ein Leben ohne Sünde geführt und mit seinem Tod am Kreuz für unsere Sünden bezahlt. Gott hat dies bestätigt, indem er ihn nach drei Tagen von den Toten auferweckt hat. Jedem Menschen, der das glaubt und sich ganz auf Jesus verlässt, sind seine Sünden vergeben. Er ist damit gerettet, entgeht dem Gericht und verbringt die Ewigkeit im Reich Gottes. Es gibt keinen anderen Weg der Versöhnung mit Gott. Der Glaube an Jesus ist der einzige Weg. Der Glaube selbst ist ebenfalls ein Geschenk Gottes. Er benötigt eine Intervention von Aussen (“ihr müsst von Neuem geboren werden”) und ist Ausdruck von Gottes Gnade, nicht menschlicher Anstrengung.


Im Liberalismus ist Jesus ein Erlöser (falls diese Terminologie überhaupt verwendet wird), weil er ein leuchtendes Beispiel für Selbstaufopferung war und uns so die Liebe Gottes gezeigt hat. Er ist auch nicht der einzige Erlöser, es gibt viele Wege. Genau so, wie es bei den Heiden schon immer war: Jeder hat seinen eigenen Gott, seinen eigenen Weg zum Heil. Zudem ist Gott ja der Gott der Liebe und Barmherzigkeit, er vergibt also viel. Sehr viel sogar. Was zählt, ist, dass wir uns bemühen. Streng genommen verdienen wir uns damit unser Heil, ein Geschenk Gottes aus reiner Gnade ist nicht nötig. Religion ist aber auch gar nicht primär auf das individuelle Heil und die Ewigkeit ausgerichtet. Vielmehr geht es darum, hier und jetzt eine bessere Welt zu schaffen. Religion wird damit zu einer Funktion der Gesellschaft oder gar des Staates.


Kirche

Im Christentum repräsentiert die Kirche Gottes Volk. Zu Gottes Volk gehören von Gott gerufene und damit gerettete, neu geborene Menschen. Sie sind so zu Brüdern und Schwestern in Jesus Christus geworden. Die Kirche ist in diesem Sinne unsichtbar, denn wir können einem Menschen von aussen nicht ansehen, ob er neu geboren ist, oder nicht. Diese (unsichtbare) Kirche findet ihren Ausdruck in den (sichtbaren) Kirchgemeinden. In diesen gibt es naturgemäss immer auch Nichtchristen (also nicht von Gott gerufene, nicht neu geborene Menschen) unter den Mitgliedern. Je nachdem wie sorgfältig eine Gemeinde bei der Aufnahme von Mitgliedern vorgeht, sind es mehr oder weniger. Die Pfarrer sind von Gott berufen und kümmern sich in seinem Auftrag um das spirituelle Wohl der Gemeinde. Das Hauptaugenmerk der Kirche richtet sich darauf, Menschen zum Glauben (und damit zur Erlösung) zu führen und Gott Ehre zu erweisen.


Im Liberalismus geht es nicht um Gottes Volk oder die Brüderschaft unter Christen, sondern mehr um die universelle Brüderschaft der Menschen und Nationen. Streben nach Einheit wird deshalb grossgeschrieben und ist im Zweifelsfall immer höher zu gewichten als Differenzen im Verständnis religiöser Lehren. Das Hauptaugenmerk liegt nicht darauf, Menschen zum Glauben zu bringen und Gott Ehre zu erweisen, sondern darauf, die irdischen Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Pfarrer sind nicht von Gott berufen, um einen göttlichen Auftrag auszuführen. Sie fühlen sich meist selbst berufen und lehren weltliche Weisheiten (oft in direktem Widerspruch zur Bibel), von denen sie glauben, sie könnten einen Beitrag zu einer besseren Welt leisten.


Der Liberalismus ist in der Tat eine völlige andere Religion.


Wie weiter?

Als Machen uns vor 100 Jahren warnte, hatten die Modernisten eben erst damit begonnen, die Kirche von innen heraus anzugreifen. Und ja, es war (und ist) ein Angriff. Der Untertitel der deutschen Ausgabe von Machen’s Werk bringt es auf den Punkt: “Christentum und Liberalismus – Wie die liberale Theologie den Glauben zerstört.”


Leider haben wir seine Warnungen zu wenig ernst genommen. 100 Jahre später leben wir in einer Welt, in der nicht nur die säkulare Mehrheit, sondern auch viele Kirchgänger nicht verstehen, was Christentum eigentlich ist, welches seine zentralen Botschaften sind und worauf wir Christen uns berufen. Die meisten Kirchen sind keine christlichen Kirchen mehr, sondern Begegnungsorte der Anhänger der Religion des Liberalismus. Die Erscheinungen, die ich in den Teilen 1 bis 6 dieser Serie kritisiert habe, lassen sich alle damit erklären. Gottes Gericht ist mehr als nur gerechtfertigt!


Aber ist die Situation hoffnungslos? Nein, das ist sie nicht! Jesus hat gesagt, dass er seine Kirche baut, und die ganze Macht des Totenreichs nicht stärker sein wird als sie (Matthäus 16:18). In seinem Missionsbefehl stützt sich Jesus auf die uneingeschränkte Macht, die ihm gegeben ist und verspricht, dass er bis zum Ende der Welt bei uns sein wird (Matthäus 28:18-20). Und auch wenn es im Moment unangenehm scheint, so ist auch Gottes Gericht ein Segen für uns. Die Kirche wird dadurch gereinigt und gestärkt.


Gott wirkt auch heute in seiner Kirche, auch wenn wir uns als Christen in Europa manchmal ziemlich isoliert und allein fühlen. In diesen Momenten sollten wir uns an den Propheten Elia erinnern. Auch er dachte, er sei allein und hat sich bei Gott entsprechend darüber beklagt. Aber Gott weist ihn zurecht und offenbart ihm, dass er sich in Israel einen Überrest von 7000 bewahrt hat, die, wie Elia selbst, sich nicht vor den falschen Göttern verneigen (1. Könige, 19:18). Wir sollten also nicht jammern, sondern weiterhin auf Gott und seinen Plan vertrauen. Und weiter den Auftrag ausführen, den wir als Christen von unserem Herrn erhalten haben.


Unsere Aufgabe beginnt damit, wie Smyrna und Philadelphia treu und standhaft zu sein. Wir dürfen uns dem Druck von Aussen nicht beugen, sondern müssen Gottes Wahrheit hochhalten und diese durch Wort und Tat auch verteidigen. Dabei sollten wir uns nicht einigeln, sondern mutig Präsenz markieren und die Welt um uns herum in ihrem Unglauben konfrontieren. Nicht um der Konfrontation willen, sondern um den Nährboden zu schaffen, auf dem das Evangelium seine Kraft entwickeln kann. Wenn wir das tun, dann ist Jesus Christus mit uns und wird unsere Anstrengungen segnen und Frucht tragen lassen. Menschen werden gerettet werden. Die wahre Kirche wird wachsen.


Wir müssen unsere Gemeinden aber auch vor Angriffen von Innen schützen. Damals wie heute gilt, wie es Phil Johnson treffend formuliert:

Die gefährlichsten irdischen Feinde des Evangeliums sind nicht wahnsinnige Atheisten, die draussen vor der Tür schreiend Drohungen und Beleidigungen ausstossen. Es sind Kirchenführer, die eine sanfte, freundliche und fromme Haltung pflegen, während sie in Tat und Wahrheit dem Glauben den Boden entziehen, immer unter dem Vorwand, mit einer sich verändernden Welt Schritt zu halten.

Oder wie es Paul Washer noch direkter sagt:

Die grösste Gefahr für die Kirche sind die Pfarrer.

Er meint damit schwache, mutlose Männer, die ohne angemessene Gottesfurcht agieren, offenbar wenig biblisches Verständnis mitbringen und vielleicht sogar selbst nicht einmal neu geboren sind. Sie sind der Grund für schwache Kirchen, in denen, wie von Jesus Christus in seinen Briefen an die Gemeinden kritisiert, falsche Lehren verbreitet, Sünde toleriert wird und sich der Liberalismus breit macht.


Wie bekämpfen wir als Christen nun diese Gefahr? Wir können drei Dinge tun.

  1. Sorgfältig prüfen, welcher Gemeinde wir uns anschliessen. Nicht die Gemeinde, die am nächsten beim Wohnort liegt, ist die beste. Sondern die, welche am nächsten beim Wort Gottes ist.

  2. Gemeindeleiter in die Verantwortung nehmen. Mitglieder haben die Pflicht, die Gemeindeleiter in Lehre und Praxis immer wieder aufs Neue an den Kriterien der Schrift zu messen. Probleme müssen erkannt, angesprochen und nach biblischem Vorgehen gelöst werden.

  3. Wenn nötig, neue Gemeinden gründen. Findet sich wirklich keine biblisch solide Gemeinde in unserer Region, dann dürfen wir uns auf keinen Fall zurückziehen und uns mit einem Dasein als Solo-Christen begnügen. Christ sein ist keine Einzelsportart. Und die 7000 sind irgendwo da draussen! Es gibt sie, die Brüdern und Schwestern, die in der gleichen Situation sind. Mit ihnen sollten wir gemeinsam in den Aufbau neuer, biblischer Gemeinden investieren. Wenn es wirklich Bedarf gibt, dann wird Gott diese Arbeit segnen und die nötigen Mittel zur Verfügung stellen, inklusive qualifizierte Hirten, falls erforderlich.

Überdies sollten wir aber vor allem eines nicht vernachlässigen: das Gebet.


Wir sollten für unsere eigenen Gemeinden und ihre Hirten beten, dass der Herr ihnen Mut, Kraft und Weisheit schenkt. Damit sie treu und standhaft ihren Dienst leisten und ihre Gemeinde schützen können. Wir sollten für alle anderen Gemeinden beten, dass der Herr auch ihnen hilft, treu in der Wahrheit zu bleiben – oder sie Busse tun und zur Wahrheit zurückkehren lässt, sollten sie davon abgewichen sein. Wir sollten unseren Herrn ganz grundsätzlich bitten, seine Kirche zu erneuern und zu stärken, und dazu eine neue Generation mutiger, gottesfürchtiger und biblisch sattelfester Männer aufzubauen, die sein Wort hell leuchten lassen.


Nur das unverfälschte Wort Gottes spendet den Frieden, den Jesus verspricht. Nur eine auf dem ewigen Wort Gottes gebaute Kirche kann stark und selbstbewusst ihr Aufgabe als Salz und Licht wahrnehmen. Und nur wenn sie das tut, ist sie in einer ansonsten verlorenen, dunklen Welt von Nutzen.


Mögen die Kirchen zu Gottes Wort zurückkehren. Soli Deo Gloria!


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